Beschreibung
Die Frage nach historischen Vorläufern heutiger quantitativ gestützter Argumentation und Visualisierung von Daten, sowie deren Funktion in Erkenntnisgewinn und -vermittlung ist von hoher Aktualität. Das Buch der Wandlungen Yijing 易經 ist einer der bedeutendsten Texte des traditionellen China, und selbst eine Verbindung diverser Zeichentypen (Schrift, Bild, Zahl und Diagramm). In der reichen Kommentartradition zum Yijing angesammeltes und in praktischer Anwendung zur Divination erprobtes Wissen stellte eine vornehmliche Quelle für verschiedene Bereiche der traditionellen chinesischen Kosmologie dar, wobei eine generelle Tendenz die angestrebte Konvergenz thematisch weit voneinander entlegener und oftmals heterodoxer Wissensfelder war. Das Werk Yishu gouyin tu 易數鉤隱圖 des Liu Mu 劉牧 der Nördlichen Song-Zeit (960 – 1126) ist jene Stimme, welche die Studien zum Yijing nach dem Ende der Tang-Dynastie wiederaufleben ließ. Sein aufgrund vielfältiger Schwierigkeiten sowie ideengeschichtlicher Koinzidenzen bisher verkanntes und in der Forschung vernachlässigtes Werk entwirft ein minutiös auf der Basis von Zahlen gründendes Weltbild. Von den ersten Dingen des Kosmos über Naturvorstellungen, Kalendarik, Divination und Tugendlehre bis hin zu Familienbeziehungen, Anatomie und Musik bilden quantitative und qualitative Eigenschaften von Zahlen die Bruchlinien einer nach theoretischer Vereinheitlichung dieser Bereiche strebenden Bemühung. Erst im Medium der Diagramme werden die abstrakten eigenwilligen Gedankengänge kosmologischer Ordnung explizierbar und begreiflich. Die Annahme einer formale Strenge beanspruchenden Erklärbarkeit der Welt, welche aus den betrachteten Zeugnissen spricht, wird in ihren traditionellen Einflüssen, ihren philosophischen Querbezügen sowie ihrer kontroversen Rezeption eingehend beleuchtet.
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